Liebe Parteien, bekämpft endlich die Kinderarmut. Das nützt uns allen! Die Kindergrundsicherung ist gescheitert, übrig geblieben sind gerade mal zehn Euro mehr für Kinder. Jetzt hätte es eigentlich losgehen sollen, so war der Plan. Ab dem 1. Januar sollte die Kindergrundsicherung in Kraft treten. Wir erinnern kurz an dieses Projekt der Ampel, das schließlich nicht irgendeiner der vielen nicht eingehaltenen Vorsätze war, sondern das große Sozialprojekt von FDP, SPD und Grünen. Sie waren angetreten mit der Absicht: “Wir wollen mehr Kinder aus der Armut holen, werden mit der Kindergrundsicherung bessere Chancen für Kinder und Jugendliche schaffen und konzentrieren uns auf die, die am meisten Unterstützung brauchen.” So steht es im Koalitionsvertrag der ehemaligen Regierung. Aber daraus wird nichts.Die Kindergrundsicherung sollte dafür sorgen, dass alle Mädchen und Jungen, die in Deutschland in armen Familien aufwachsen, es in Zukunft besser haben. Sie sollten endlich das Geld bekommen, das ihnen zusteht. Das ist auch bitter nötig, denn in Deutschland wächst jedes fünfte Kind in Armut auf – rund drei Millionen Mädchen und Jungen. Die ehemalige Bundesregierung ging selbst sogar davon aus, dass 5,6 Millionen Kinder Anspruch auf Unterstützung hätten. Kinderarmut wirksam bekämpfenEinfach, schnell und digital: Aus der Holschuld der Eltern solle eine Bringschuld des Staates werden, betonte die Familienministerin Lisa Paus (Grüne) immer wieder öffentlich. 2023 versprach sie im stern: “Die Kindergrundsicherung wird ab 2025 das Leben vieler Familien leichter machen. Wir holen damit Kinder aus der Armut. Im Augenblick wächst in Deutschland jedes fünfte Kind in Armut auf oder ist davon bedroht. Das ist für einen reichen Industriestaat unwürdig.” Die Kindergrundsicherung ist gescheitert. Nichts wird einfacher. Im Gegenteil. Vor den Augen der Öffentlichkeit wurde das größte sozialpolitische Reformprojekt der Ampel aufgeblasen, wurde immer größer und größer – bis die Sozialreform am Ende zerplatzte. Erreicht wurde nur, dass die Idee einer Grundsicherung für Kinder jetzt verbrannt ist.Alle Leistungen sollten gebündelt werdenDabei klang die Idee doch gut und richtig: Alle Leistungen wie Kindergeld, Kinderzuschlag und Bürgergeld sollten von einer Stelle berechnet und ausgezahlt werden. Sieben Ministerien haben deshalb monatelang verhandelt: Innenpolitik, Justiz, Arbeit und Soziales, Bildung, Bau, Finanzen und Familie. Das Ergebnis: Es sollte eine eigene Behörde dafür erschaffen werden, der “Familienservice”. Als ob es nicht schon genug Bürokratie im Sozialstaat gäbe.Hätte man das nicht pragmatischer angehen können? Der Aufwand, eine neue Behörde zu gründen, war einfach zu hoch und hätte Millionen Euro verschlungen. Rund 5000 Stellen hätten dafür neu geschaffen werden sollen. Wozu, fragt man sich. Warum hätte man nicht einfach die Leistungen bündeln und wie bisher über das Jobcenter auszahlen können? Und was bringt den Betroffenen die teure Umbenennung der Servicestelle “Familienkasse” bei der Bundesagentur für Arbeit in “Familienservice” oder von Leistungen wie “Kindergeld” in “Kindergarantiebetrag”? Das Geld hätte man doch sinnvoller einsetzen können.Steuerzahlerbund Verschwendung Paus 15.26Schon vor Monaten kündigte Familienministerin Paus an, der Tag der Einführung, der 1. Januar 2025, sei nicht zu halten. Stattdessen sollte eine “Vorstufe” kommen. Doch die hat sich vermutlich inzwischen auch erledigt, im Februar wird neu gewählt und die Union hat bereits erklärt, was sie von der Idee hält: nichts.Die Folgen tragen wir alleDen Schaden haben jetzt nicht nur die rund drei Millionen armen Kinder und ihre Familien. Sie haben einmal mehr nur Ankündigungen gehört. Viele Väter und Mütter mussten sich dazu von teuer gekleideten Politikern in Talkshows und Interviews anhören, sie seien soziale Schmarotzer, das Bürgergeld sei viel zu hoch. Wie viel Vertrauen werden diese Eltern wohl noch in die Herren und Frauen aus der Politik haben? Und was werden sie ihren Kindern über die Zuverlässigkeit von politischen Versprechen erzählen? Vermutlich sinkt die Kurve ihres Vertrauens, so wie das Geld auf dem Bankkonto schmilzt angesichts von steigenden Mieten und Inflation der Lebensmittelpreise.Jedes fünfte Kind in Deutschland von Armut betroffen 13.35Auch für die gesamte Gesellschaft ist es ein Problem, wenn die soziale Schere weiter aufgeht. Weil es am Ende viel teurer wird, wenn die Kinder in der Armutsspirale hängen bleiben und selbst zu bedürftigen Erwachsenen werden, die Unterstützung vom Staat brauchen, statt eine Ausbildung zu machen, einen Job zu finden (und die Fachkräftelücke zu schließen!), Geld zu verdienen und Steuern zu zahlen.Jetzt feiern die ehemaligen Koalitionäre die Erhöhung des Kindergeldes und des Kindersofortzuschlages um je fünf Euro pro Monat, die sie gerade noch so durchgebracht haben vor Weihnachten, als große soziale Errungenschaft. Dabei wird die Erhöhung des Kindergeldes vom Bürgergeld abgezogen. Bleiben also fünf Euro mehr für arme Familien im Monat. Das ist beschämend. Teaser Buch KinderarmutDie nächste Regierung sollte sich zum Ziel setzen, endlich wirklich etwas gegen die Kinderarmut in Deutschland zu tun. Denn das ist in der deutschen Bevölkerung längst Konsens und damit auch ein Wählerauftrag. Drei Viertel der Erwachsenen und zwei Drittel der Kinder sind der Meinung: Der Staat tut wenig bis sehr wenig gegen Kinderarmut. Ideen gibt es genug. So wie die Kindergrundsicherung, die wahrscheinlich zu verkopft war, aber von der Grundidee her gut. Es würde uns schließlich allen nützen, wenn weniger Kinder in Armut aufwüchsen.Es ist Jahresanfang, die Zeit der guten Vorsätze – und da kann man sich schonmal noch etwas wünschen.
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Author : Catrin Boldebuck
Publish date : 2025-01-02 08:28:00
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